Den Namenlosen, Gesichtslosen und Stimmenlosen Raum geben!
Entsetzten, Trauer, Wut, Zorn- und ein Gefühl der Hilf-, der Machtlosigkeit. Kurzfristig aufflammende Affekte und aufwühlende Emotionen hier, langdauernde, anhaltende Gefühle dort, und all das vor dem was wir Stimmung nennen, sie färbt unseren Erlebnishintergrund, sie ist gewissermaßen die Urschicht, der Boden des Gefühls.
Es ist die Erderwärmung, das was verharmlost „Klimakrise“ genannt wird, als ob es sich um eine zeitlich überschaubare Krisis und nicht eine Generationen übergreifende Weltveränderung handeln würde, vor deren Folie alle weiteren Konflikte gelesen werden müssen, denn gefordert ist eine weltumspannende Kooperation, ein Miteinander.
Stattdessen herrschen entsetzliche Kriege, der uns in Mitteleuropa aus ganz verschiedenen Gründen emotional besonders berührende auf dem Gebiet der Ukraine, aber auch in Kurdistan, in Syrien, dem Jemen, in vielen Regionen Afrikas. Konflikte in Südamerika, in Asien- im Grunde gibt es keine Weltgegend in der nicht militärische Auseinandersetzungen geführt werden, die ihererseits zu noch mehr Entsetzten, Trauer, Wut, Zorn führen.
Nicht zu vergessen die ökonomischen Antagonismen. Ebenso trivial wie existenziell: Reiche gegen Arme! Immer mehr Superreiche, gegen immer mehr Superarme. Immer mehr Ausbeuter/innen gegen Ausgebeutete.
Die Gefägnisse laufen auch deswegen voll. Menschen werden eingeknastet wenn sie nicht mehr zu den Superarmen zählen wollen. Oder wenn Menschen über den sehr engen Korridor den Regierungssysteme für Proteste offen halten hinaus gehen um ihre Angst, aber auch ihre Wut über die bestehenden Verhältnisse zu artikulieren, werden auch sie eingesperrt. Wenn Menschen abweichende Meinungen äußern, so wie aktuell zum Beispiel in Russland, können sie in Lagern enden. Menschen welche die brutale Gegenwart nicht mehr unbetäubt ertragen, sich mit den verschiedensten Substanzen in eine bunte Welt der Illusion verabschieden, sie sperrt man gleichfalls ein. Je nach Land wird sogar die Todesstrafe verhängt. Und Menschen die in die Fluchtbewegung vor dem Verhungern oder einer ansonsten ausweglosen Lebenssituation fliehen, sie werden ebenfalls in Knäste gesperrt, wenn nicht sogar umgebracht, oder es werden unmenschliche Grenzregime errichtet, die den Tod unzähliger Menschen zu Folge haben.
Solidaritätswochen wie die jetzige im August 2022 stellen eine Ermutigung für jene in den Gefägnissen festgehaltenen Menschen ebenso dar, wie für jene die von Knast bedroht sind. Denn es ist eine Arbeit gegen das Vergessen. In aller Regel erlahmt das Interesse an Menschen wenn deren Strafprozess zu Ende ist. Aber Soliwochen rücken die Namen, die Gesichter und die Stimmen der Betreffenden wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit.
Eine Sisyphosarbeit, denn die Zahl der Gefangenen nimmt eher zu als ab und all dies geschieht vor dem Hintergrund existenzieller Konflikte und Auseinandersetzungen, welche ihrerseits eigentlich alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Um so schöner, dass es Menschen gibt vor den Mauern, die diese Soliwoche im August mit Leben erfüllen und lebendig halten.
Mit herzschlagenden Grüßen
Thomas Meyer-Falk
z.Zt. JVA(SV)
Hermann-Herder-Str.8
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